Zoeliakie, Glutensensibilität, Glutenintoleranz: aktuelles Fallbeispiel aus der Praxis

Verdauung
Der Fallbericht einer 31 jährigen Patientin soll zeigen, dass Zöliakie oder Glutenintoleranz in der Praxis nicht immer beachtet werden bei bestimmten Körperbeschwerden.

Die Klebereiweisse (Glutene, Hordein, Secalin), besonders in Weizen, Roggen, Dinkel, können multiple Beschwerden auslösen:

Reizdarm, Durchfall, Blähungen, aber auch Leistungsabfall, Erschöpfung, Müdigkeit, Knochenschmerzen, Gelenkschmerzen, Vitamin D Mangel, Vitamin B12 Mangel, Zinkmangel u.a.

Michael Fasano, anerkannter Glutenforscher aus den USA, schätzt, dass weit mehr Menschen in Europa (zirka 1:100), als zuvor angenommen, an der klassischen genetisch bedingten Zöliakie (Gene: HLA-DQ2, HLA-DQ8) leiden.

Die Dunkelziffer für eine Glutensensibilität, Glutenintoleranz schätzt er höher ein (USA: 6-7% der Bevölkerung). Die Ursachen sind weiter wissenschaftlich umstritten. Klar scheint, ist die Darmoberfläche gereizt oder entzündet kann auch eine  kann auch eine Empfindlichkeit oder Intoleranz von Gluten, zumindest zeitweise, hervorgerufen werden. Studien laufen derzeit.

Ursachen für eine Darmentzündung oder Reizdarm können sein:

  • Histaminose, Histaminintoleranz
  • Lebensmittelallergie
  • Lebensmittelintoleranz
  • Mastocytose
  • Angioödem
  • noch nicht entdeckte Fruktoseintoleranz, Laktoseintoleranz, Xylitintoleranz, Sorbitintoleranz, Glutamatintoleranz
  • Virusinfekte
  • Parasiten
  • Salmonellen, Yersinien u.a. pathologischer Bakterienbefall
  • Pilzbefall mit Geotrichum
  • Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa (anerkannte entzündliche Darmerkrankungen)

Fallbericht:

Die Vorgeschichte – Anmanese:

31 jährige Patientin stellt sich mit bekannter Fruktoseintoleranz und Histaminose vor. Sie hält sich an die Ernährungsempfehlungen dieser Unverträglichkeiten, hat aber weiterhin Blähungen und zeitweise Bauchschmerzen, sowie auch Gelenkschmerzen, Häufig ist sie schnell erschöpft und abgeschlagen. In der Familie sind keine angeborenen Erkrankungen Herzkreislauf, Darm oder zum Beispiel Zöliakie bekannt. Eine Magen-, Darmspiegelung sei unauffällig gewesen. Es bestehe kein Eisen-, isenspeichermangel (Ferritin) oder eine Anämie, rheumatische oder anderweitige entzündliche Erkrankung (was belegt werden kann durch die vorbestehenden Laboruntersuchungen).

Körperliche Untersuchung:

Die Bauchuntersuchung zeigt einen geblähten Oberbauch, die Klappe zwischen Dick- und Dünndarm (Iliocoecalklappe) ist stark druckschmerzhaft, osteopathisch gereiztes Darmkonvolut linker Oberbauch. Leberkapsel klopfschmerzhaft dezent. Lymphknoten-, Zahn-, Gelenkstatus, Herz-, Kreislaufuntersuchung, Körpergewicht unauffällig.

Labor-, Stuhluntersuchung:

  • Zonulin im Blut: unauffällig (guter orientierender Marker für „leaky gut syndrome“)
  • Entzündungszeichen erhöht: Calprotectin, Lactoferrin im Stuhl, hsCRP 4,5 (Norm bis 1,1)
  • Sekretorisches IGA  450 (Norm 510-2040 ug/ml):  gestörte verminderte Immunabwehr
  • Glutenantikörper im Blut: im Normbereich, (Dünndarmbiopsie: unauffällig!)
  • Genuntersuchung: RR: 52 ; dies spricht für eine deutliche erhöhte Veranlagung zu Zoeliakie
  • Genuntersuchung-Erklärung Ergebnis: HLA (DRB1*03 (DR3): positiv!HLA-DQB1*02 (DQ2): positiv; DQ3 und DQ8: negativ (Genlabor Bio.Logis); RR = Quotient Vorkommen HLA Merkmal der Patientengruppe im Vergleich zu seinem Auftreten in einer Kontrollgruppe; der Zählfaktor (hier „52“ ist das Maß für die Kopplung HLA-Merkmal und der Krankheit).
  • 25-0H-Vitamin D im Blut: 50 mmol/l deutlich erniedrigt (optimaler Wert 100 mmol/l). Vitamin B12, Folsäure im Normbereich.

Behandlung, Verlauf:

Zumindest muss in diesem Fall von einem deutlich erhöhten Risiko einer Zöliakie ausgegangen werden, obwohl die Standarduntersuchungen der Wissenschaft (Antikörper Blut und Dünndarmbiopsie) negative Ergebnisse erbrachten. Eine Zöliakie ist hiermit nicht bewiesen! Unter der Annahme einer zumindest Zöliakieintoleranz (Entzündungszeichen, siehe oben Laboruntersuchung, Genuntersuchung) wurde sechs Wochen eine ärztlich überwachte Gluten-, Rohkost freie, individualisierte Ernährung eingehalten. Zusatzstoffe waren Probiotika, Myrrhinil intest, ß-D-Glycane. Zusatzbehandlung: Osteopathie besonders Bauchraum. Erst ab der vierten Woche bemerkte die Patientin eine Befundverbesserung. Die Blähungen waren verschwunden, die Erschöpfung fast nicht mehr vorhanden. Die Gelenkschmerzen waren ebenfalls verschwunden: entweder durch eine glutenfreie Ernährung oder durch die Gabe von Vitamin D (Mangel verursacht unter anderm auch Knochenschmerzen!). Insgesamt stellte sich die Patientin vier Mal vor.

Wichtig:

Auch bei gleichen Symptomen muss die Behandlung für jeden Menschen individuell erfolgen. Die hier beschriebenen Schritte eignen sich keineswegs zur Selbst-Therapie, d.h. Sie sollten stets einen Arzt aufsuchen, der sich Zeit für Sie nimmt und Sie ausführlich untersucht.

Sie möchten selber eine Darmstörung, Reizdarm, Verstopfung oder die Frage abklären, ob Sie eine Glutenintoleranz u.a. haben könnten: dann rufen Sie gerne hier bei mir in Bonn in meiner Privatpraxis an: tel.: 0228 634940 oder schreiben Sie mir eine mail: strauven @ t-online.de

Kassenpatienten werden selbstverständlich gerne von mir beraten: ich schlage ein ausführliches Gepräch vor (Kosten 80,00 Euro, 30min.).

 

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Ihre Dr. Eva Henneken

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